Hartmut T. Reliwette
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Rezensionen


Vorankündigung
im Wecker vom 23.07.2006:
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Vorankündigung
im GA vom 28.07.2006:
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Bericht vom 31.07.2006
im General-Anzeiger:
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K.-H. Schreiber
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Lothar Danger
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Gerda Ulpts
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Marlene Stamerjohanns
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Cordula Scheel
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Jannes Tashiro
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Ricarda Bortfeldt
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Annika Blanke
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Claus Schwarz
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Plastiken von Anja Es
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CC Kruse
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Dtp/H.-J. Mikat
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Günther Hoffmann
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Performance:
"Meinung bilden"
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Performance
"Bild-Weitwurf"
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CC Kruse
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Reliwette
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Fotos: Margita Schreiber


Festival der Poesie 2006

Festival der Poesie mit vielen Highlights...

___________  Kleine Nachbetrachtung des Kunstmeisters  __________
Der Mitinitiator des diesjährigen Künstler-Poeten-Festivals, der stimm- und "textgewaltige" Karl-Heinz Schreiber aus Goldbach/Unterfranken, hatte die Idee, das diesjährige Poesieereignis unter das Motto zu stellen: "Spiel doch, Mensch!" Die Anleihe aus den 15 Briefen Friedrich Schillers mit seinen Thesen zu einer von spielerischer Ästhetik geprägten Gesellschaft prangte unübersehbar typografisch dargestellt auf einer speziell für dieses Poesie-Treffen errichteten "Torwand", die vor dem Labyrinth auf einem "Spielfeld" errichtet worden war: "Der Mensch ist nur dort Mensch in des Wortes voller Bedeutung, wo er spielt, und er spielt nur da, wo er ganz Mensch ist".

Und so wurde auch dem Abendprogramm eine entsprechende Performance unter Einbeziehung der Besucher vorangestellt: Vor dem oberen "Einschussloch" verhinderte eine weiße Toilettenbrille den ungehinderten Durchfluss der Wort- und Wurfgeschosse. Zunächst verlangte Karl-Heinz Schreiber in der ihm zu eigenen Rezitationskunst seiner Texte "Platz für seine Gedanken", die selbstverständlich aus dem "gesellschaftlichen Verdaunis" heraus in das Spielfeld geschleudert, während im Nachhinein die Meinungsbilder aus verschiedenen BILD-Zeitungen durch das gleichzeitig aus verschiedenen Berichten und Reklametexten lesende Publikum in der "gesellschaftlichen Kloake" versenkt wurden. Deutlich wurde dies, in dem die Mitakteure einzelne Seiten in "reinigendes Wasser" tauchten und daraus Wurfbälle formten. Sinn dieses Aktionsteiles war, aus verschiedenen Entfernungen die Öffnung der Klobrille zu treffen. Daraus ergab sich eine gewisse Trefferquote, die von der Entfernung zum Ziel abhängig war. Probleme können demnach am besten gelöst werden, je dichter der Mensch sich auf zu lösende gesellschaftliche Probleme zubewegt.

Der Maler Lothar Danger aus Weener, der auch als Dozent an der Malschule der Emdener Kunsthalle arbeitet, hatte einige "Karton-Denkbilder" mitgebracht, Exponate von eigenwilliger literarisch - typografischer Prägung, die an den Symbolismus des frühen 20. Jahrhunderts erinnern - als es galt, Malerei und Literatur synthetisch zu einer Einheit zu verschmelzen.

Der Büchertisch fehlte auch diesmal nicht. CC Kruse brachte die jüngste Ausgabe des "Achimer Hausfreund" sowie mehrere CD aus seinem Programm mit nach Idafehn. K.-H. Schreiber stellte außer seinen Romanen die jüngste Ausgabe der "KULT" vor, einem Literaturmagazin im zwölften Jahrgang sowie die neueste Ausgabe aus der Sonderreihe "Funthologie" zum Thema "Joyce n'Beuys" des Herausgebers Zottl Pete. Im Innenteil: Eine Hommage an das Beuys-Labyrinth in Idafehn und vielleicht auch an mich: ein "Liebesbeweis" in der Sache. Danke, aber ich kann schlecht damit umgehen, fühle mich wohler, wenn die Leute auf mich schimpfen, denn dann weiß ich, dass ich sie "in den Kopf getroffen habe".

Bei den Life-Auftritten traten ab dem Nachmittag die Autoren und Künstler- Musiker ins Rampenlicht. Die meisten von ihnen waren von weit angereist: CC Kruse aus Achim zum Beispiel, der außer Textbeiträgen aus dem "Achimer Hausfreund" äußerst eindruckvoll die Gitarre bediente und dazu vocal einstimmte - oder anders herum: eigene Kompositionen zu eigenen Texten. Durchaus lyrisch interpretierte er "Schillers Spiel mit der Ästhetikfrage zur Gesellschaft". Wer da musikalisch Pate gestanden hat? Unwichtig! Bei den Zuhörern kam es an. Einlagen gab es vom Deutsch-Japaner Jannes Tashiro aus Kiel auf dem Akkordeon. Mutig ist er, der Tashiro, wenn man sein Klangspiel mit dem der Akkordeon-Virtuosen vergleicht. Dabei ist er ein sehr begabter Buchautor, der sich mit den Brandthemen unserer Gesellschaft befasst.

Zu Gast auch Thomas Trey aus Weener mit seinen bissigen Polit-Cartoons, die noch nie bei einer Labyrinthveranstaltung gefehlt haben sowie Günther Hoffmann aus Ostrhauderfehn mit einer Erzählung von seinem "Protagonisten Brettschneider", der sich darüber Gedanken macht, weshalb sich die Frauen heimlich über die Erfahrungen mit den langen grauen (ausbeulenden) Unterhosen ihrer Männer austauschen, wobei es doch sicherlich viel interessantere Themen gäbe - aus Sicht der Männer.

Lachsalven erntete mal wieder Claus Schwarz aus Ost-Ochtersum, der unter anderem das Prozedere von Bundesrat, Bundestag und EU-Parlament zum Zustandekommen einer (fiktiv) geplanten "Fahrradsteuer" zu einer der Zielscheiben seiner Politsatiren nahm: klappernde Schutzbleche unterlägen dabei einer Sonderbesteuerung, bei der die EU mal wieder von "oben" eingreift und die Bundesländer natürlich eigene Vorstellungen entwickeln.

Gerda Ulpts trug lyrische Gedanken in platt- und hogdütsk vor und bewies, dass Unmut und Unverständnis über gesellschaftliche Entwicklungen und Zustände auch über das "Zeilenspiel" an die Zuhörer herangetragen werden können.

Lyrischer Wort- und Gedankenkunst bedient sich auch Cordula Scheel aus Hamburg, der Buchautorin und "Altmeisterin" deutschsprachiger Lyrik, die aus Hamburg angereist war. Die Autorin kommt aus dem "Kreis der Freunde" um Peter Coryllis, dessen Engagement bis zu seinem Ableben einer der größten Literaturvereinigungen der Republik und darüber hinaus galt.

Annika Blanke (Osnabrück/Leer) trug Kurzgeschichten und Lyrik vor. In ihren Prosatexten nahm sie u.a. eine Fahrt in einem Zugabteilabteil mit der Deutschen Bahn AG aus Sicht einer mitfahrenden Studentin auf's Korn, wenn der Studententarif plötzlich für bestimmte Züge nicht gilt und die Lautsprecherdurchsagen an den wichtigsten Passagen mit einem "Krrtsch" ihre Bedeutung verlieren.

Marlene Stamerjohanns aus Edewecht hat ihre Vorliebe für Prosatexte wiederentdeckt, nachdem sie während der vergangenen Jahre als Slam-Poetin von sich Reden machte. Sie hat ein Stipendium der Stadt Oldenburg gewonnen und in dessen Rahmen eine Literaturwerkstatt ins Leben gerufen. Was der "Antistar" Marlene "komisch performend" - weil frei vortragend - auf der Bühne der Poetry-Slamer in Deutschland an die zumeist jüngere Generation heranbrachte, ist in ihrer Prosa nicht völlig verschwunden. Im Labyrinth-Forum war das Auditorium mehr in Richtung der "reiferen Generation bestellt". Dennoch gab es viel Beifall für ihre Beiträge.

Der traurige Poet (Dtp) aus Gelsenkirchen schreibt lyrische Gedichte und macht aus seinem "Status als Schalkeanhänger" kein Hehl. Er ist ein echter Gelsenkirchener, kommt aus dem Ruhrpott. Inzwischen hat er sich von seinen elf Musen verabschiedet und wirkt reifer. So kommt er u.a. zu dem Denkergebnis, dass er sich besser "eine(n) neue(n) Tisch" kaufen könne (auf welchem er eingeschlafen ist), als einer weiteren Muse nachzutrauern, die ihm kein Glück gebracht hat.

Die jüngste Poetin war die achtjährige Ricarda Bortfeldt aus Idafehn, die vom Kunstmeister auf einer Trittleiter platziert wurde, damit sie einigermaßen für das Publikum erhöht, sicht- und hörbar wurde. Erstaunlich ist, was aus dem Munde der Nachwuchsautorin floss - selbstbewusst vorgetragen die beiden Texte sogar in Reimform gebracht über z.B. den Dieb, der nicht damit gerechnet hatte, dass man auch dafür bestraft wird, wenn man die Beute versteckt hat.

Natürlich Karl-Heinz Schreiber mit einem Auftritt aus seinem Programm "bällen", aus dem gewaltigen Zusammenhang gerissen und für eine Stunde Vortragsarbeit gut: Analysen des Weltmeisterschaftsgeschehens "Fußball": "Wenn die Kugel einschlägt" - wenn "Fußballerfüße zutreten": "Ballfüßler" eben. Vorträge aus seinem Repertoire, für das es in der Galerie Eigen-Art von Anja Es (Sandesneben bei Lübeck) Zugabenrufe aus den Reihen des Publikums gab.

Skulpturen/Plastiken gab es auch zu sehen: Von der Künstlerin/Autorin Anja Es, die wegen einer bösen Unfallverletzung nicht erscheinen konnte und dem Kunstmeister. Manfred C. Schmidt aus Esens konnte wegen eines plötzlichen Trauerfalles in der Familie nicht anwesend sein.

Resumee:

Aus der umliegenden Gegend kamen trotz guter Publikationen durch die Presse wenig Gäste. Die meisten von ihnen waren von weit her angereist. Hier scheint der Spruch: "Wat we nich kenn' dat fret we nich!" noch Gültigkeit zu haben. Eine Nummer zu hoch angesetzt? Wohl kaum! Angesichts des enormen Aufwandes des Veranstalters und der Logistik-Mitarbeiter Anne, Ritter Manfred, Martin, Detlev und Frau so wie Sven (allen sei herzlich gedankt!) - müssen finanzieller Aufwand, Engagement und Effektivität in Bezug auf künftige Aktivitäten hin untersucht werden.

Ein besonderer Dank gilt auch Herrn Arno Oestmann von der Firma PLASTOSCHAUM (nachträgliche Bautenisolierung) und dem "Gasthof LINDENKRUG" - (beide Ostrhauderfehn) für das Sponsoring des Toilettenwagenaufwandes bzw. ein Gäste-Doppelzimmer mit Frühstück.

Der Kunstmeister (H.T.R)